Studie
Sinkender Erdgasverbrauch in Deutschland führt zu rückläufigem Leistungsbedarf
- Studie bestätigt Zusammenhang zwischen Erdgasverbrauch und Leistungsbedarf
- Prognostizierte Verbrauchsreduktion von 13 Prozent bis 2025 führt zu Leistungsreduktion von 6-8 Prozent
Der dem Szenariorahmen des Netzentwicklungsplans Gas (NEP Gas) zu Grunde liegende sinkende Erdgasverbrauch in Deutschland führt insgesamt zu einem rückläufigen Leistungsbedarf, und zwar sowohl bei Fernleitungsnetzbetreibern (FNB) als auch bei Verteilnetzbetreibern (VNB). Dies ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie zu den Auswirkungen eines sinkenden Erdgasverbrauchs auf den Leistungsbedarf der VNB. Die Studie wurde vor dem Hintergrund unterschiedlicher Einschätzungen zum zukünftigen Kapazitätsbedarf der VNB im Rahmen der Erstellung des NEP Gas von der Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber Gas (FNB Gas) zusammen mit den Verbänden BDEW, VKU und GEODE sowie mit in diesen Verbänden organisierten VNBs in Auftrag gegeben. Die Federführung lag beim FNB Gas. Auf Seiten der Fernleitungsnetzbetreiber waren die Unternehmen bayernets, Gasunie, ONTRAS, Open Grid Europe und Thyssengas beteiligt. Umgesetzt wurde die Studie von der Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft (FfE) aus München.
Die „Studie über Einflussfaktoren auf den zukünftigen Leistungsbedarf der Verteilnetzbetreiber“ analysiert, wie sich die Vollbenutzungsstunden (Zusammenhang zwischen Energieverbrauch und Leistung) bei Änderungen des Gasverbrauchs verhalten. Darauf aufbauend wurde der Leistungsbedarf der Erdgasversorgung Deutschlands bis zum Jahr 2025 unter den Rahmenbedingungen der Energiereferenzprognose modelliert. Die Prognose mit dem Titel „Entwicklung der Energiemärkte – Energiereferenzprognose“ hatten ewi, gws und PROGNOS im 1. Halbjahr 2014 im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) erstellt.
Als Grundlage für die Untersuchungen dienten detaillierte Daten von 35 Erdgasnetzen, die 25 Verteilnetzbetreiber bereitstellten. Ergänzt wurde diese Datenbasis durch das FfE-Regionenmodell und durch simulationsgestützte Auswertungen zum Gebäudebestand.
Wesentliche Erkenntnisse:
Die Untersuchung zeigte im Detail verschiedene Faktoren auf, die bei Verbrauchsänderungen die Vollbenutzungsstunden beeinflussen. So konnten z.B. im Haushalts- und Gewerbebereich Auswirkungen von Sanierungspaketen auf die Vollbenutzungsstunden beschrieben werden. Es zeigte sich, dass ein Großteil der Sanierungsmaßnahmen zu einer Reduktion der Vollbenutzungsstunden führt.
Für Deutschland wird zwischen den Jahren 2015 und 2025 — entsprechend den Rahmenbedingungen der Energiereferenzprognose — ein Rückgang des Gasbedarfs von 12,7 % erwartet. Daraus folgt als
Studienergebnis gleichzeitig ein Rückgang des Leistungsbedarfs bis 6,2 %, wenn ein konstanter Leistungsbezug in der Industrie angenommen wird. Bleiben auch die Vollbenutzungsstunden in der Industrie konstant, beträgt der Rückgang 7,8 %.
Bei einer Verbrauchsreduktion sind dennoch regionale Unterschiede bei der Kapazitätsnachfrage möglich, z.B. aufgrund von Neuanschlüssen von Verbrauchern oder des Abbaus von kapazitätsreduzierenden Instrumenten in Verteilnetzen. In diesen Fällen können Leistungsbedarfe auch leicht steigen.
Mit diesen methodisch abgesicherten Ergebnissen sind FNB und VNB der Klärung einer in den bisherigen NEP-Prozessen kontrovers diskutierten Frage erheblich nähergekommen. Damit ist nach Auffassung der Auftraggeber dieser Studie die Forderung der Bundesnetzagentur nach einer sachgerechten Ableitung des zukünftigen Leistungsbedarfs aus dem rückgängigen Gasverbrauch erfüllt.
Methodisches Vorgehen:
Im ersten Schritt wurde von FfE eine Datenbank mit stundenscharfen VNB-Lastgängen aufgebaut, die anschließend getrennt für die Segmente Standardlastprofile (SLP) und Registrierende Leistungsmessung (RLM) zur Identifikation von Einflussfaktoren auf den Leistungsbedarf ausgewertet wurden.
Im zweiten Schritt wurden für den SLP-Sektor Summenlastgänge typischer Siedlungen (saniert/unsaniert) auf Basis der Energiekennwerte und Lastgänge verschiedener Gebäudetypen ermittelt und Unterschiede hinsichtlich des Sanierungszustandes analysiert. Daraus wurde der Einfluss von Sanierungsmaßnahmen auf Verbrauch und Kapazität abgeleitet. Für den GHD-Sektor (Gewerbe, Handel, Dienstleistungen) wurden die Ergebnisse des SLP-Sektors übernommen, für die Industrie wurden zwei Varianten betrachtet: konstante Benutzungsstunden / konstante Kapazitätsentwicklung.
Im dritten Schritt wurde auf Basis der Verbrauchsentwicklung der Energiereferenzprognose und den zuvor ermittelten Zusammenhängen zwischen Leistung und Energie der mit dem Energieverbrauch einhergehende Leistungsbedarf der Verteilnetze bis 2025 modelliert.
Um Netzbetreibern die Möglichkeit zu geben, die zukünftige Entwicklung der Leistung ihrer Netze auf Basis der Energiereferenzprognose zu betrachten, wurden die Ergebnisse in einem Excel-Tool mit regionaler Auflösung zusammengefasst.
Über die Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE):
Die FfE ist eine unabhängige Institution, die sich auf wissenschaftlicher Grundlage mit energietechnischen und energiewirtschaftlichen Fragestellungen befasst. Ihr Sitz ist München. Im Vordergrund der Arbeit des Instituts steht die Schaffung einer ressourcenschonenden Energienutzung unter gleichermaßen rationalen wie auch rationellen Gesichtspunkten.
Die Arbeiten der FfE beschäftigen sich mit den verschiedensten Bereichen des wirtschaftlichen, öffentlichen und privaten Lebens. Ziel ist es, einen bewussteren Umgang mit Energie in allen Bereichen der Gesellschaft zu erreichen. Durch die Aus- und Weiterbildung von bislang über 250 Wissenschaftlern hat die FfE einen signifikanten Beitrag dazu geleistet, die methodische Kompetenz im Energiesektor zu erhöhen.