EnSiG-Novelle
Stellungnahme des FNB Gas zum Gesetzesentwurf zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes 1975 und anderer Gesetze (EnSiG-Novelle)
Die Novellierung des Energiesicherheitsgesetzes ist vor dem Hintergrund der aktuellen Krisensituation im Energiebereich absolut notwendig.
Die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) begrüßen die Einführung der digitalen Plattform für Erdgas zur besseren Steuerung der Gasreduktion bei Unternehmen. Die Plattform ist ein zentrales und exklusives Instrument des Bundeslastverteilers (BNetzA), um im Fall einer Gasmangellage die Gasversorgung nach volkswirtschaftlichen und anderen politischen Kriterien zu steuern. Vor diesem Hintergrund sollte die Höhe der nach § 15 Abs. 2 EnSiG auf bis zu 25.000 Euro bzw. bis zu 10.000 Euro begrenzten Bußgelder überdacht werden. Es scheint angesichts der derzeitigen Marktlage und der zur Diskussion stehenden wirtschaftlichen Auswirkungen von Reduzierungen von Gasmengen für die energieintensive Industrie fraglich, ob diese Summe für große Unternehmen ein Motiv ist, den Anweisungen der Behörde Folge zu leisten und abschreckend wirkt.
Als ein zentrales Manko des Gesetzesentwurfes betrachten die FNB die unklare Abgrenzung bzw. das Zusammenspiel zwischen den netzstabilisierenden Maßnahmen der FNB gemäß § 16 Abs. 2 EnWG und den Maßnahmen des Bundeslastverteilers im Rahmen des EnSiG zur Reduzierung des Gasbezugs. Die FNB weisen darauf hin, dass die Regelungen nach § 16 Abs. 2 EnWG nicht dafür eingeführt wurden, eine länger andauernde Gasmangellage zu bewältigen, sondern den Fernleitungsnetzbetreiber ausschließlich zur Aufrechterhaltung der System- und Netzstabilität an die Hand gegeben wurden.
Bei Eintreten einer solchen, sich überregional oder sogar bundesweit auswirkenden Gasmangellage, sind Situationen nicht unwahrscheinlich, in denen die FNB bereits netzstabilisierende Maßnahmen nach § 16 Abs. 2 EnWG anwenden müssen, die BNetzA aber noch nicht zwangsläufig als Bundeslastverteiler agiert. Zu diesem Zeitpunkt sind die FNB in der Verantwortung und können bei einer überregionalen Gasmangellage diskriminierungsfrei im Grundsatz nur „pro-rata“ kürzen. Die FNB halten es für dringend geboten, den rechtssicheren, zügigen Übergang der Verantwortung an die Bundesnetzagentur als Bundeslastverteiler und damit auch der Haftung in dem aktuellen Gesetzesentwurf zu verankern. Eine frühzeitige Anweisung der FNB zur Reduzierung des Gasbezugs bei angeschlossenen Letztverbrauchern durch die BNetzA kann einen konsistenten Übergang zum Bundeslastverteiler sicherstellen und helfen, eine Haftungslücke der FNB bis zur Einsetzung des Bundeslastverteilers zu schließen.
Auch die im § 16 Abs. 2 EnWG vorgesehenen Möglichkeiten für eine Speicheranweisung sind vor dem Hintergrund des neuen Gasspeichergesetzes weiterhin nicht hinreichend konkret geregelt. Hier muss im Rahmen der Gesetzgebung unbedingt die Wechselwirkung mit dem Gesetz zur Einführung von Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlangen und den dort vorgesehenen Mindestspeicherfüllständen und Prozessen zur Freigabe von Speichermengen durch Trading Hub Europe GmbH (THE) einerseits und die Weisungsbefugnis der Fernleitungsnetzbetreiber gegenüber Speicherbetreiber oder Speicherkunden nach § 16 Abs.2 EnWG andererseits klargestellt werden.
Neben den bereits im jüngst verabschiedeten Speichergesetz vorgesehenen zusätzlichen gesetzlichen Aufgaben für den Marktgebietsverantwortlichen (THE) sieht der Gesetzesvorschlag zum EnSiG (gem. §2a Abs. 2 und § 2b Abs. 1 EnSiG-E) weitere neue Aufgaben vor. Diese Aufgabenwahrnehmung durch THE halten die FNB für sinnvoll und zielführend. Mit der Auferlegung dieser neuen gesetzlichen Aufgaben ist aber gleichermaßen gesetzlich sicherzustellen, dass THE als privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen (GmbH) für die zu übernehmenden Aufgaben marktüblich vergütet wird und die Kosten für den Aufbau und den Betrieb der Plattform sowie die eigenen Aufwendungen für die Beschaffung der Mengen nach § 2 EnSiG umgelegt werden können. Hierzu fehlt es jedoch an jeglicher gesetzlichen Festlegung, so dass eine sachgerechte und gebotene angemessene Vergütung nicht sichergestellt ist.
Die FNB begrüßen, dass künftig eine Stilllegung von Gasspeicheranlagen angezeigt und von der Bundesnetzagentur (BNetzA) genehmigt werden muss (§ 35h EnWG). Allerdings bleibt unklar, ob die Regelung auch Umstellungen von Gasspeichern von L- auf H-Gas umfasst. Vor dem Hintergrund des neuen Speichergesetzes sehen die FNB das Risiko, dass sich durch die gesetzlich festgelegte Mindestbefüllung möglicherweise L-Gas Speicherbetreiber aufgrund höherer Renditeerwartungen bei H-Gas Speichern frühzeitig für eine Umstellung auf H-Gas entscheiden. Zur Sicherung der Versorgung mit L-Gas darf es hier zu keinen Verwerfungen kommen. Daher sollte auch eine Umstellung von Speichern von L- auf H-Gas von der BNetzA genehmigt werden müssen.
Zudem gilt die Regelung bisher nur für an das Fernleitungsnetz angeschlossene Gasspeicher, jedoch sollte auch der Umgang mit Speichern im VNB-Netz adressiert werden, da diese ebenfalls zur Entlastung des FNB-Netzes beitragen können. Für die am VNB-Netz angeschlossenen Gasspeicher erschiene eine Anzeigepflicht sinnvoll.
Weitere Hinweise:
Zu § 3 Abs. 6 Nr. 3 EnSiG-E:
Die Neuregelung in § 3 Abs. 6 Nr. 3 EnSiG-E lässt eine Zuständigkeitsregelung vermissen, wer feststellt, dass die Erfüllung der Verpflichtungen durch marktgerechte Maßnahmen nicht, nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln zu erreichen ist.
Zu § 14 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 EnSiG-E:
§ 14 Abs. 1 Nr. 2 EnSiG-E ist nach Auffassung der FNB zu weit gefasst, da durch die Vielzahl der Medien – ohne z.B. konkrete Benennung der genauen Fundstellen – eine über das normale Maß hinausgehende Überprüfungsobliegenheit für die eventuell betroffenen Unternehmen besteht. Es wäre hier zu empfehlen, die Bekanntmachungskanäle so einzugrenzen, dass eine Überprüfung im Rahmen eines normalen Geschäftsbetriebes weiterhin möglich ist.
Die Möglichkeit, von einer schriftlichen Bestätigung eines mündlich mitgeteilten Verwaltungsaktes gem. § 14 Abs. 1 Nr. 3 EnSiG-E absehen zu können, erscheint zur Wahrung von Rechtssicherheit kritisch. Fraglich ist, ob von dieser Möglichkeit überhaupt Gebrauch gemacht werden wird, da die Behörde das Risiko trägt, den Inhalt des mündlich mitgeteilten Verwaltungsaktes beweisen zu müssen.