Nationale Wasserstoffstrategie
Mit dem Fernleitungsnetz zu einer erfolgreichen Umsetzung
Die Bundesregierung hat am zehnten Juni 2020 Ihre langerwartete „Nationale Wasserstoffstrategie“ vorgelegt. Diese fügt sich in das Vorhaben ein, die Pariser Klimaziele zu erreichen und in Deutschland bis 2050 Klimaneutralität in allen Sektoren herzustellen.
Wasserstoff kommt dabei die Rolle eines Schlüsselrohstoffs zu und wird als Energieträger der Zukunft gehandelt. Ziel der Strategie ist es, im Einklang mit der Energiewende die Rahmenbedingungen für den Technologie- und Industriestandort zu definieren. Deutschland soll bei Wasserstofftechnologien „die Nummer eins in der Welt“ werden, so Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nach dem Kabinettsbeschluss im Juni. Wasserstoff spiele bei der Dekarbonisierung der Stahl- und Chemieindustrie, aber auch im Verkehrssektor, dort schwerpunkmäßig im Schwerlastverkehr, eine entscheidende Rolle.
Konkret sieht die Wasserstoffstrategie vor, dass in einem ersten Schritt bis 2030 Erzeugungsanlagen für Wasserstoff mit einer Gesamtleistung von bis zu fünf Gigawatt entstehen. In einem nächsten Schritt soll die Kapazität bis spätestens 2040 verdoppelt werden. Der Schwerpunkt liegt auf der Bereitstellung von grünem Wasserstoff. Gleichzeitig wird anerkannt, dass auch blauer und türkiser Wasserstoff beim Markthochlauf der Wasserstoffwirtschaft eine Rolle spielen wird. Die Bundesregierung stellt insgesamt neun Milliarden Euro zur Verfügung. Davon sind sieben Milliarden Euro für den Markthochlauf und zwei Milliarden Euro für den Aufbau internationaler Partnerschaften vorgesehen. Zudem wird es künftig einen 25-köpfigen „Nationalen Wasserstoffrat“ geben, der die „konsequente Umsetzung und Weiterentwicklung der Strategie“ begleitet. Auch seitens der Fernleitungsnetzbetreiber wird, neben anderen Experten aus verschiedenen Bereichen und Branchen, ein Repräsentant im Wasserstoffrat vertreten sein.
Die zentrale Rolle der bestehenden Gasinfrastruktur
Der stark ansteigende Bedarf an Wasserstoff in der Industrie sowie im Verkehrs- und Wärmesektor wird einen überregionalen Transport notwendig machen. Dies verlangt nach einem zuverlässigen und sicheren Transport sowie der Speicherung des Energieträgers Wasserstoff. Aus volkswirtschaftlicher Sicht wäre dafür die überwiegende Nutzung der bestehenden Gasinfrastruktur am effizientesten und am schnellsten zu realisieren. Die Bundesregierung erkennt in der nationalen Wasserstoffstrategie die zentrale Bedeutung des Gas-Fernleitungsnetzes für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft an. Darin heißt es wörtlich: „Deutschland verfügt mit seinem weit verzweigten Erdgasnetz und den angeschlossenen Gasspeichern über eine gut ausgebaute Infrastruktur für Gase. Um die Potenziale von Wasserstoff optimal nutzen zu können, werden wir unsere Transport- und Verteilinfrastruktur weiterentwickeln und weiterhin für Sicherheit in der Anwendung sorgen. Dazu gehören auch der Aus- und Zubau von dezidierten Wasserstoffnetzen.“[1]
FNB sind in Vorleistung getreten
Die Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber Gas (FNB Gas) begrüßt die Verabschiedung der nationalen Wasserstoffstrategie. Ralph Bahke, Vorstandsvorsitzender des FNB Gas, erklärt: „Ausschlaggebend ist, dass die Bundesregierung in ihrer Wasserstoffstrategie die Bedeutung des Fernleitungsnetzes für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft anerkennt. Die Weiterentwicklung des bestehenden Fernleitungsnetzes ermöglicht die Schaffung einer überregionalen Wasserstofftransportinfrastruktur und dies zu deutlich geringeren Kosten als über den Aufbau neuer Infrastrukturen.“ Dazu haben die deutschen Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) im Januar 2020 ein visionäres Konzept in Form einer Netzkarte vorgelegt und einen ersten Schritt in Richtung einer zukünftigen Wasserstoffwirtschaft aufgezeigt. Das visionäre H2-Netz umfasst 5.900 km und basiert zu 90 Prozent auf dem bestehenden Fernleitungsnetz für Erdgas. Es bietet die Möglichkeit einen Großteil der zukünftigen Verbrauchsschwerpunkte von Wasserstoff in den Sektoren und Gasspeicher zu versorgen.
Der Rechtsrahmen muss angepasst werden
Im Entwurf des Netzentwicklungsplans Gas 2020-2030 haben die Fernleitungsnetzbetreiber erstmals auf Basis konkreter Projekte aus ihrer Marktabfrage im Jahr 2019 ein Wasserstoffnetz für das Jahr 2030 modelliert („H2-Startnetz 2030“). Die Umsetzung der Planung für dieses erste Wasserstoffnetz auf der Transportebene steht unter dem Vorbehalt der Anpassungen des rechtlichen und regulatorischen Rahmens für Wasserstoffnetze.
„Damit Deutschland eine Vorreiterrolle in der Wasserstoffwirtschaft einnehmen kann, fehlen noch wichtige Weichenstellungen für die Transportinfrastruktur“ erläutert Inga Posch, Geschäftsführerin von FNB Gas. Um erste Wasserstoffnetze bereits Mitte dieses Jahrzehnts verfügbar zu haben, sind diese Anpassung des Rechtsrahmens noch in dieser Legislaturperiode unabdingbar. Konkrete Vorschläge hat FNB Gas gemeinsam mit vier führenden Industrie- und Energieverbänden Anfang Mai in die Diskussion eingebracht. „Unsere Vorschläge zielen auf eine Weiterentwicklung des bestehenden Erdgas-Regulierungsrahmens für Wasserstoff ab. Dieses Vorgehen bietet die Chance zur Nutzung der etablierten Systematik für die Planung, Errichtung und den Betrieb von Wasserstoffnetzen und muss schnell umgesetzt werden. Ein reguliertes, öffentliches Wasserstoffnetz ist auch die Voraussetzung für die Versorgung aller Sektoren mit klimaneutralem Wasserstoff“ so Inga Posch.
[1] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Die Nationale Wasserstoffstrategie, Juni 2020, Seite 7, URL: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/die-nationale-wasserstoffstrategie.pdf?__blob=publicationFile&v=12 (zuletzt aufgerufen am 11.06.2020)